I. Auswirkungen der befristeten Absenkung der Umsatzsteuersätze
1.1. Grundsatz
Die neuen Umsatzsteuersätze von 16 % und 5 % sind auf Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe anzuwenden, die im zweiten Halbjahr 2020, also nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführt werden. Vor dem 01.07.2020 oder nach dem 31.12.2020 erbrachte Umsätze unterliegen den Steuersätzen von 19 % bzw. 7 %.
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft betrifft die Senkung des Umsatzsteuersatzes auf 16 % nur die Umsätze, die bisher nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz mit dem Durchschnittsatz von 19 % versteuert wurden (bestimmte Sägewerkserzeugnisse, Getränke sowie alkoholische Flüssigkeiten). Die Höhe des pauschalierten Vorsteuerabzugs von 5,5 % bzw. 10,7 % erfährt hierdurch keine Änderung.
Maßgebend für die Anwendung der Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung oder der Rechnungserteilung.
1.2. Teilleistungen
Werden statt einer Gesamtleistung Teilleistungen erbracht, kommt es für die Anwendung der Steuersätze nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung, sondern darauf an, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden. Teilleistungen liegen vor, wenn eine nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise teilbare Leistung nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird. Eine Leistung ist in Teilen geschuldet, wenn für diese das Entgelt gesondert vereinbart wurde (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 Umsatzsteuergesetz). Weitere Ausführungen und Beispiele zu Teilleistungen finden Sie in Abschnitt 13.4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
Auf Teilleistungen, die vor dem 01.07.2020 oder nach dem 31.12.2020 erbracht werden, sind die Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführte Teilleistungen unterliegen den Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 %.
Die Umsatzsteuersätze von 16 % und 5 % sind auch bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer anzuwenden, und zwar befristet auf Einfuhren, die im zweiten Halbjahr 2020 vorgenommen werden.
Ziel der befristeten Absenkung der Steuersätze ist die Schaffung von Kaufanreizen. Die Maßnahme soll ihre Wirkung auf der Ebene der Verbraucher in Form reduzierter Preise entfalten. Eine Verpflichtung zur Preisreduktion für die Unternehmer besteht jedoch grundsätzlich nicht. Es handelt sich hierbei um eine besondere zivilrechtliche Frage, deren Beantwortung von der jeweiligen Vertrags- und Rechtslage im Einzelfall abhängt.
Für Verträge, die vor dem 01.03.2020 abgeschlossen wurden, kann der Leistungsempfänger einen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Minderbelastung verlangen, wenn die Leistung im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt wird (§ 29 Umsatzsteuergesetz). Die Vertragspartner dürfen jedoch nichts anderes vereinbart haben (z.B. dass Ausgleichsansprüche im Falle einer Anhebung oder Absenkung des Umsatzsteuersatzes ausgeschlossen sind).
Bei der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz). Zur Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes ist jedoch auch in diesen Fällen der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Umsatz ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Daher gilt für die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten Folgendes:
- Vereinnahmung vor dem 01.07.2020, Leistungserbringung im zweiten Halbjahr 2020:
Hat der Unternehmer vor dem 01.07.2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen oder Teilleistungen vereinnahmt, die im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt werden, ist auch auf diese Beträge nachträglich der ab dem 01.07.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % anzuwenden. Wurden diese Beträge mit dem im Zeitpunkt der Vereinnahmung zutreffenden Steuersatz von 19 % bzw. 7 % berechnet, so ist die Korrektur in dem Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird. Zur Eintragung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das Kalenderjahr 2020 vgl. Tz II.2.
- Vereinnahmung im zweiten Halbjahr 2020, Leistungserbringung vor dem 01.07.2020:
Werden im zweiten Halbjahr 2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen oder Teilleistungen vereinnahmt, die vor dem 01.07.2020 ausgeführt wurden, ist auf diese Beträge der Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 % anzuwenden.
- Vereinnahmung nach dem 31.12.2020, Leistungserbringung im zweiten Halbjahr 2020:
Nach dem 31.12.2020 vereinnahmte Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen oder Teilleistungen, die im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt wurden, unterliegen dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 %.
- Vereinnahmung im zweiten Halbjahr 2020, Leistungserbringung nach dem 31.12.2020:
Im zweiten Halbjahr 2020 vereinnahmte Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen oder Teilleistungen, die nach dem 31.12.2020 ausgeführt werden, unterliegen dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 %, auch wenn diese zunächst mit dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % versteuert wurden. In diesem Fall ist grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung bzw. Teilleistung ausgeführt wird, eine Nachversteuerung vorzunehmen. Wurden im zweiten Halbjahr 2020 nur Teilentgelte vereinnahmt, so kann die hierauf entfallende Nachsteuer aus Vereinfachungsgründen für den Voranmeldungszeitraum berechnet und entrichtet werden, in dem das restliche Entgelt für die Leistung vereinnahmt wird. Wird das restliche Entgelt in mehreren Teilbeträgen vereinnahmt, so kann der Unternehmer die Nachsteuer für den Voranmeldungszeitraum berechnen und entrichten, in dem der letzte Teilbetrag vereinnahmt wird.
Zur Eintragung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2021 vgl. Tz. III.1 und III.2.
Weist der Unternehmer in Rechnungen über Leistungen, die im zweiten Halbjahr 2020 erbracht werden, eine höhere als die gesetzlich geschuldete Steuer (Steuersatz 16 % bzw. 5 %) aus, schuldet er auch die zu hoch ausgewiesene Steuer. Der Leistungsempfänger kann die zu hoch ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer geltend machen, da es sich insoweit nicht um eine gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer handelt. Es besteht jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Rechnung zu berichtigen. Einzelheiten hierzu regeln § 14c Abs. 1 Umsatzsteuergesetz und Abschnitt 14c.1 Abs. 5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
Eine Vereinfachungsregelung bei zu hohem Umsatzsteuerausweis in der Unternehmerkette finden Sie unter Tz. IV.6.
Weist der Unternehmer in Rechnungen über Leistungen, die nach dem 31.12.2020 ausgeführt werden, weiterhin die Steuer zum Steuersatz von 16 % bzw. 5 % aus, so muss er die gesetzlich geschuldete Steuer (19 % bzw. 7 %) entrichten. Der Leistungsempfänger kann den Vorsteuerabzug jedoch nur in Höhe der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer vornehmen.
6.1. Welcher Steuersatz gilt bei vor dem 01.07.2020 vereinnahmten Anzahlungen für Leistungen, die im zweiten Halbjahr 2020 ausgeführt werden?
Für Zahlungen, die vor der Leistungserbringung vereinnahmt werden, entsteht die Umsatzsteuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, § 13b Abs. 4 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Zur Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes ist jedoch auch in diesen Fällen der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Umsatz ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Dies bedeutet, dass vor dem 01.07.2020 vereinnahmte Anzahlungen zunächst dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % unterliegen. Wird die Leistung oder Teilleistung jedoch tatsächlich erst im zweiten Halbjahr 2020 erbracht, so ist auf das gesamte Entgelt der abgesenkte Steuersatz von 16 % bzw. 5 % anzuwenden. Die bereits mit 19 % bzw. 7 % versteuerten Anzahlungen sind in dem Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung zu korrigieren. Zu den Eintragungen in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das Kalenderjahr 2020 vgl. Tz. II.2.
Ist in den Anzahlungsrechnungen der bis zum 30.06.2020 geltende Steuersatz von 19 % bzw. 7 % ausgewiesen, so bedarf es keiner Berichtigung des Steuerausweises, wenn in der Endrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit dem ab 01.07.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird. Die vereinnahmten Anzahlungen sowie die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbeträge müssen in der Endrechnung abgesetzt werden. Beispiele zur Absetzung der vereinnahmten Anzahlungen und der Steuerbeträge in der Schlussrechnung enthalten Abschnitt 14.8 Abs. 7 und 8 Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
Beispiel:
Ein Händler hat im Mai 2020 für eine noch zu erbringende Lieferung (Verkaufspreis 50.000 € netto zzgl. Umsatzsteuer) eine Anzahlung von netto 10.000 € zzgl. 19% Umsatzsteuer erhalten. Die Lieferung erfolgt am 20.08.2020.
Lösung:
Die Anzahlung i.H.v. 10.000 € unterliegt dem im Zeitpunkt der Vereinnahmung geltenden Umsatzsteuersatz i.H.v. 19 %.
Für die Umsatzbesteuerung der gesamten Lieferung ist letztlich der Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung am 20.08.2020 ausschlaggebend. Zu diesem Zeitpunkt gilt der abgesenkte Umsatzsteuersatz i.H.v. 16 %. Dieser ist auf die gesamte Lieferung anzuwenden. Die Steuer beträgt somit 16 % von 50.000 €, also 8.000 €. Die Berichtigung der auf die im Mai vereinnahmte Anzahlung entfallenden Steuer ist im Voranmeldungszeitraum August bzw. III. Kalendervierteljahr 2020 vorzunehmen.
Sofern in der Schlussrechnung die Umsatzsteuer für das gesamte Entgelt mit dem Steuersatz von 16 % ausgewiesen wird, bedarf es keiner Berichtigung der mit 19 % Umsatzsteuer ausgestellten Anzahlungsrechnung. In der Schlussrechnung sind die vor der Ausführung der Leistung vereinnahmte Anzahlung und der hierauf entfallende Steuerbetrag abzusetzen.
6.2. Welcher Steuersatz gilt bei im zweiten Halbjahr 2020 vereinnahmten Anzahlungen für Leistungen, die nach dem 31.12.2020 erbracht werden?
Für Zahlungen, die vor der Leistungserbringung vereinnahmt werden, entsteht die Umsatzsteuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Anzahlung vereinnahmt wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, § 13b Abs. 4 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Zur Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes ist jedoch auch in diesen Fällen der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Umsatz ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Folglich unterliegen die im zweiten Halbjahr 2020 vereinnahmten Anzahlungen zunächst dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 %. Wird die Leistung oder Teilleistung nach dem 31.12.2020 erbracht, so ist auf das gesamte Entgelt der dann geltende Steuersatz von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Die Nachsteuer, die auf die im Voraus vereinnahmten Anzahlungen anfällt, ist grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum anzumelden, in dem die Leistung oder Teilleistung erbracht wird. Bei Anwendung der Istversteuerung kann diese Nachsteuer aus Vereinfachungsgründen für den Voranmeldungszeitraum berechnet und entrichtet werden, in dem das restliche Entgelt für die Leistung vereinnahmt wird. Wird das restliche Entgelt in mehreren Teilbeträgen vereinnahmt, so kann der Unternehmer die Nachsteuer für den Voranmeldungszeitraum berechnen und entrichten, in dem der letzte Teilbetrag vereinnahmt wird. Zur Eintragung der auf die Anzahlungen entfallenden Nachsteuer in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2021 vgl. Tz. III.1. und Tz. III.
Einer Berichtigung des Steuerausweises in der Anzahlungsrechnung bedarf es nicht, wenn in der Schlussrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % ausgewiesen wird. Die vereinnahmten Anzahlungen sowie die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbeträge müssen in der Endrechnung abgesetzt werden. Beispiele zur Absetzung der vereinnahmten Anzahlungen und der Steuerbeträge in der Schlussrechnung enthalten Abschnitt 14.8 Abs. 7 und 8 Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
Einer Berichtigung des Steuerausweises in der Anzahlungsrechnung bedarf es ebenfalls nicht, wenn nur eine Restrechnung über das restliche Entgelt und die darauf entfallende Steuer (19 % bzw. 7 %) erteilt wird und hierin die für die im zweiten Halbjahr 2020 vereinnahmten Anzahlungen geschuldete Nachsteuer (drei Prozentpunkte beim Regelsteuersatz, zwei Prozentpunkte bei ermäßigten Steuersatz) zusätzlich angegeben wird. In der Restrechnung sind die im Voraus vereinnahmten Anzahlungen und die darauf entfallenden Steuerbeträge grundsätzlich nicht anzugeben. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn zusätzlich zum geschuldeten Restentgelt auch das Gesamtentgelt (ohne Steuer) angegeben wird und davon die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte (ohne Steuer) abgesetzt werden.
Beispiel:
Ein Händler hat im August 2020 für eine noch zu erbringende Lieferung (Verkaufspreis 50.000 € netto zzgl. Umsatzsteuer) eine Anzahlung von netto 10.000 € zzgl. 16 % Umsatzsteuer erhalten. Die Lieferung erfolgt am 20.01.2021.
Lösung:
Die im August 2020 geleistete Anzahlung unterliegt dem im Zeitpunkt der Vereinnahmung geltenden Umsatzsteuersatz i.H.v. 16 %.
Für die Umsatzbesteuerung der gesamten Lieferung ist letztlich der Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung am 20.01.2021 ausschlaggebend. Zu diesem Zeitpunkt gilt der Umsatzsteuersatz i.H.v. 19 %. Dieser ist auf die gesamte Lieferung anzuwenden. Die Steuer beträgt somit 19 % von 50.000 €, also 9.500 €. Im Voranmeldungszeitraum Januar bzw. I. Kalendervierteljahr 2021 ist eine Nachversteuerung der in 2020 vereinnahmten Anzahlung vorzunehmen. Die Nachsteuer beträgt 300 € (3 % von 10.000 €).
Sofern in der Schlussrechnung die Umsatzsteuer für das gesamte Entgelt mit dem Steuersatz von 19 % ausgewiesen wird, bedarf es keiner Berichtigung der mit 16 % Umsatzsteuer ausgestellten Anzahlungsrechnungen. In der Schlussrechnung sind die vor der Ausführung der Leistung vereinnahmte Anzahlung und der hierauf entfallende Steuerbetrag abzusetzen.
Alternativ kann eine Restrechnung über den noch zu zahlenden Restbetrag i.H.v. 40.000 € zzgl. 7.600 € USt (19 %) ausgestellt und die auf die Anzahlungen entfallende Nachsteuer i.H.v. 300 € (3 % von 10.000 €) zusätzlich angeben werden.
6.3. Im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung steht bereits fest, dass die spätere Leistung einem anderen Steuersatz unterliegen wird. Gibt es in diesem Fall eine Vereinfachungsregelung für die in der Anzahlungsrechnung auszuweisende Steuer?
Steht bei Vereinnahmung der Anzahlung vor dem 01.07.2020 bereits fest, dass die Leistung oder Teilleistung im zweiten Halbjahr 2020 erbracht wird, kann aus Vereinfachungsgründen in der Anzahlungsrechnung bereits der abgesenkte Steuersatz von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen werden. In diesem Fall wird es nicht beanstandet, wenn nur die ausgewiesene Steuer an das Finanzamt abgeführt wird. Der Leistungsempfänger kann den ausgewiesenen Steuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz als Vorsteuer abziehen.
Entsprechendes gilt, wenn bei Vereinnahmung einer Anzahlung im zweiten Halbjahr 2020 bereits feststeht, dass die Leistung oder Teilleistung nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird. In diesem Fall kann aus Vereinfachungsgründen der bei Leistungserbringung geltende Steuersatz von 19 % bzw. 7 % auch bereits in der Anzahlungsrechnung ausgewiesen und an das Finanzamt abgeführt werden. Der Leistungsempfänger kann den ausgewiesenen Steuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz als Vorsteuer abziehen.
6.4. Was ist zu beachten, wenn eine Anzahlungsrechnung vor dem 01.07.2020 mit 19 % bzw. 7 % Umsatzsteuer ausgestellt, die Anzahlung aber erst nach dem 30.06.2020 vereinnahmt wurde?
Wurde in einer vor dem 01.07.2020 ausgestellten Anzahlungsrechnung die Steuer nach dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % ausgewiesen, diese aber erst im zweiten Halbjahr 2020 bezahlt, so liegt ein zu hoher Steuerausweis vor, da es für den auf Anzahlungen anzuwendenden Steuersatz auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung ankommt (vgl. Tz. I. und I.6.2). In diesem Fall schuldet der leistende Unternehmer die zu hoch ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (vgl. Tz. I.5). Der Leistungsempfänger ist insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um keine gesetzlich geschuldete Steuer handelt (vgl. Tz. I.). Zur Nichtbeanstandungsregelung beim zu hohen Steuerausweis in der Unternehmerkette vgl. Tz. IV.6.
6.5. Was ist zu beachten, wenn eine Anzahlungsrechnung vor dem 01.01.2021 gestellt, die Anzahlung aber erst nach dem 31.12.2020 vereinnahmt wird?
Wurde eine Anzahlungsrechnung vor dem 01.01.2021 gestellt, die Anzahlung aber erst nach dem 31.12.2020 vereinnahmt, so ist die Anzahlung mit dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zu versteuern, auch wenn die Rechnung einen geringeren Steuersatz ausweist. Der Vorsteuerabzug steht dem Leistungsempfänger unter den übrigen Voraussetzungen nur in Höhe der ausgewiesenen Steuer zu (vgl. Tz. I.6.6).
6.6. In welcher Höhe ist die Vorsteuer aus Anzahlungsrechnungen abzugsfähig, wenn der spätere Leistungsbezug einem anderen Steuersatz unterliegt?
Der Leistungsempfänger kann grundsätzlich den in der Anzahlungsrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz als Vorsteuer abziehen, wenn er die Anzahlungsrechnung erhalten und die verlangte Zahlung geleistet hat. Dies gilt auch, wenn in der Anzahlungsrechnung der bis zum 30.06.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 % ausgewiesen wurde, die Leistung oder Teilleistung jedoch erst im zweiten Halbjahr 2020 bezogen wird und daher insgesamt dem abgesenkten Steuersatz von 16 % bzw. 5 % unterliegt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Anzahlungsrechnung auch vor dem 01.07.2020 bezahlt wurde. Wurde in einer vor dem 01.07.2020 ausgestellten Anzahlungsrechnung die Steuer nach dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % ausgewiesen, diese aber erst im zweiten Halbjahr 2020 bezahlt, so liegt ein zu hoher Steuerausweis vor, da es für den auf Anzahlungen anzuwendenden Steuersatz auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung ankommt (vgl. Tz. I.6.4). Der Leistungsempfänger ist insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um keine gesetzlich geschuldete Steuer handelt (vgl. Tz. I.5).Zur Nichtbeanstandungsregelung beim zu hohen Steuerausweis in der Unternehmerkette vgl. Tz. IV.6.
Aus den im zweiten Halbjahr 2020 erhaltenen und bezahlten Anzahlungsrechnungen kann nur die mit dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % ausgewiesene Steuer als Vorsteuer geltend gemacht werden, auch wenn der spätere Leistungsbezug dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % unterliegt. Die auf die Anzahlung entfallende Nachsteuer kann in dem Voranmeldungszeitraum als Vorsteuer abgezogen werden, in dem der Leistungsbezug erfolgt und die Rechnung vorliegt.
Zur Vereinfachungsregelung in Fällen, in denen im Zeitpunkt der Zahlung der Abschlagsrechnung bereits feststeht, dass der spätere Leistungsbezug einem anderen Steuersatz unterliegen wird, vgl. Tz. I.6.3.
Die Vorsteuerbeträge sind in der Zeile 53 der Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 bzw. in der Zeile 55 der Umsatzsteuer-Voranmeldung 2021 (Vordruckmuster USt 1 A - ELSTER) für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum bzw. Zeile 122 der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2020 bzw. 2021 (Vordruckmuster USt 2 A - ELSTER) geltend zu machen. Wurden Vorsteuerbeträge aus geleisteten Anzahlungen bereits abgezogen, kann bei Leistungsbezug nur der Differenzbetrag zwischen dem Steuerausweis laut Schlussrechnung und der bereits aus den Anzahlungsrechnungen abgezogenen Vorsteuer geltend gemacht werden.
Vorausrechnungen sind Rechnungen, in denen vor Ausführung der Leistung oder Teilleistung das gesamte Entgelt und die darauf entfallende Steuer insgesamt gesondert ausgewiesen werden. Zusätzliche Rechnungen über Anzahlungen entfallen.
Auch bei der Erteilung von Vorausrechnungen entsteht die Umsatzsteuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vor Ausführung der Leistung vereinnahmt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, § 13b Abs. 4 Satz 2 Umsatzsteuergesetz). Daher gelten die Ausführungen in Tz. I.6 grundsätzlich entsprechend mit der Ausnahme, dass bei einer Vorausrechnung stets eine Rechnungsberichtigung erfolgen muss, wenn in der Vorausrechnung ein anderer als der bei Leistungserbringung geltende Steuersatz ausgewiesen ist.
Zu den Folgen eines unzutreffenden Steuerausweises vgl. Tz. I.5.